Forderungsmanagement für KMUs: In-House oder Outsourcing?
Einleitung
In der dynamischen Welt der kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) spielt das Forderungsmanagement eine zentrale Rolle. Es geht nicht nur darum, offene Rechnungen zu begleichen, sondern vielmehr um die Aufrechterhaltung eines gesunden Cashflows, der für das Überleben und das Wachstum des Unternehmens unerlässlich ist.
Die Entscheidung, ob das Forderungsmanagement intern abgewickelt oder an einen spezialisierten Rechtsanwalt bzw. Inkassodienstleister ausgelagert werden soll, ist für KMUs von strategischer Bedeutung. Dieser Beitrag vergleicht beide Ansätze, um Geschäftsführern und Finanzverantwortlichen in KMUs eine fundierte Entscheidungsgrundlage zu bieten.
In-House Forderungsmanagement
Das In-House-Forderungsmanagement bezieht sich auf die Praxis, dass ein Unternehmen seine unbezahlten Rechnungen und ausstehenden Forderungen intern verwaltet. Dies kann die Überwachung von Zahlungseingängen, das Versenden von Mahnungen und gegebenenfalls das Ergreifen rechtlicher Schritte umfassen.
Vorteile des In-House Forderungsmanagements
- Kontrolle: KMUs behalten die volle Kontrolle über den Prozess. Dies ermöglicht eine direkte Kommunikation mit den Kunden und der Möglichkeit, individuell auf verschiedene Situationen zu reagieren.
- Unmittelbare Verfügbarkeit: Das interne Team ist immer verfügbar und kann schnell auf Veränderungen reagieren, was in manchen Fällen zu schnelleren Lösungen führen kann.
Herausforderungen des In-House Forderungsmanagements
- Ressourcenintensität: Das Forderungsmanagement erfordert Zeit und Aufmerksamkeit. Insbesondere für kleinere KMUs kann dies eine erhebliche Belastung darstellen, da Ressourcen vom Kerngeschäft abgezogen werden müssen.
- Effizienzfragen: Ohne spezialisierte Kenntnisse und Tools kann das In-House-Forderungsmanagement weniger effizient sein, vor allem bei einem hohen Volumen an Forderungen.
- Umgang mit komplexen rechtlichen Situationen: KMUs stehen oft vor der Herausforderung, ohne juristisches Fachwissen komplexe Forderungsfälle zu bearbeiten, was zu Unsicherheiten und potenziellen rechtlichen Risiken führen kann.
- Eingeschränkte rechtliche Möglichkeiten: Die Durchsetzung von Forderungen ohne anwaltliche Unterstützung stößt oft an rechtliche Grenzen. In der Regel ist Unternehmen lediglich das Mahnverfahren zugänglich. Bei höheren Beträgen (ab 5.000,00 €) oder Widerstand des Schuldners wird der rechtliche Weg komplizierter, vornehmlich bei Landgerichtsverfahren, bei denen Anwaltszwang besteht. Hier können sich Unternehmen nicht selbst vertreten, was spätestens zu diesem Zeitpunkt die Notwendigkeit eines Rechtsbeistands notwendig macht.
Outsourcing des Forderungsmanagements
Das Outsourcing des Forderungsmanagements bezieht sich auf die Übertragung dieser Aufgaben an einen externen Dienstleister, typischerweise an spezialisierte Rechtsanwälte oder Inkassodienstleister (siehe auch: Anwaltliches Mahnwesen vs. Inkassobüros: Was ist effizienter?). Dieser Ansatz bietet KMUs Zugang zu Fachkenntnissen und Ressourcen, die intern möglicherweise nicht verfügbar sind.
Vorteile des Outsourcings an ein Inkassounternehmen
- Kosteneffizienz und Skalenvorteile: Inkassounternehmen bieten oft kostengünstige Dienstleistungen, insbesondere bei einem hohen Volumen an Forderungen. Durch Skaleneffekte können sie Dienstleistungen effizienter und oft zu geringeren Kosten als individuelle Anbieter anbieten. Gerade bei KMUs, mit vielen Forderungen und jeweils geringem Umfang, kann dies ein Vorteil darstellen, da Rechtsanwälte oft eine Mindestgebühr erheben.
- Minimierung des Konfliktrisikos mit Kunden: Durch die Auslagerung des Forderungsmanagements an ein Inkassounternehmen können KMUs eine gewisse Distanz zu den Mahnprozessen bewahren, was helfen kann, die Kundenbeziehungen weniger zu belasten.
- Erweiterte Rechtsmöglichkeiten: Inkassodienstleister verfügen über Erfahrung in der Einreichung von Mahnanträgen und können in einem begrenzten Rahmen gerichtlich agieren. Allerdings stoßen sie an ihre Grenzen, wenn Forderungen von Schuldnern bestritten wird oder Mängel angezeigt werden. In solchen Fällen können sie nicht weiter tätig werden und müssen den Auftrag häufig als nicht erfüllbar an den Auftraggeber zurücküberweisen.
Es ist wichtig zu beachten, dass Inkassodienstleister in der Regel nicht die gleiche rechtliche Vertiefung bieten können wie Anwälte, was besonders relevant wird, wenn es um die gerichtliche Durchsetzung von Forderungen geht. Die Entscheidung zwischen der Beauftragung eines Anwalts oder eines Inkassounternehmens hängt von den spezifischen Bedürfnissen und Zielen des jeweiligen KMUs ab.
Vorteile des Outsourcings an einen Rechtsanwalt
- Expertise: Spezialisierte Anwälte verfügen über umfassende Kenntnisse im Forderungsrecht und Erfahrung im Umgang mit schwierigen Fällen, was die Erfolgschancen bei der Eintreibung von Schulden erhöht.
- Effizienz und Kostenersparnis: Durch die Auslagerung des Forderungsmanagements können KMUs Zeit und Ressourcen sparen, die sie stattdessen in ihr Kerngeschäft investieren können. Zudem können die Kosten für einen Rechtsanwalt regelmäßig als Schadensersatz vom Schuldner eingefordert werden, sodass regelmäßig keine Kostenbelastung entsteht.
- Rechtliche Durchsetzung und spezifischen Rechtskenntnissen: Rechtsanwälte können rechtliche Probleme lösen und die Forderung gerichtlich geltend machen. Sofern der Schuldner nicht zahlt, kann ein Rechtsanwalt die Forderung gerichtlich durchsetzen.
Vergleich zwischen In-House und Outsourcing
Die Wahl zwischen In-House Forderungsmanagement und Outsourcing hängt von verschiedenen Faktoren ab. Ein direkter Vergleich beider Ansätze anhand folgender Kriterien kann KMUs bei der Entscheidungsfindung unterstützen:
- Kosten: Während In-House-Lösungen anfänglich kostengünstiger erscheinen können, sollten langfristige Kosten wie Personal, Schulung und rechtliche Risiken berücksichtigt werden. Outsourcing kann zwar mit festen Kosten verbunden sein, bietet aber oft eine transparente und vorhersehbare Preisstruktur.
- Zeitaufwand: In-House-Verfahren erfordern eine kontinuierliche Zeitinvestition. Outsourcing hingegen kann KMUs entlasten und ihnen ermöglichen, sich auf ihre Kernkompetenzen zu konzentrieren.
- Erfolgsquote: Spezialisierte Rechtsanwälte erreichen oft eine höhere Erfolgsquote bei der Forderungseintreibung, dank ihrer fundierten Kenntnisse und Erfahrung. Anwaltsschreiben signalisieren Schuldnern ernsthaft drohende rechtliche Schritte, was in der Regel eine schnellere und ernsthaftere Reaktion zur Zahlung bewirkt.
- Kundenzufriedenheit: Die Art und Weise, wie Forderungen eingetrieben werden, kann sich auf die Kundenbeziehung auswirken. Ein professioneller Rechtsanwalt kann einen ausgewogenen Ansatz verfolgen, der sowohl effektiv als auch kundenfreundlich ist.
Bei der Bewertung dieser Faktoren sollten KMUs ihre spezifischen Bedürfnisse und die Besonderheiten ihres Geschäftsmodells berücksichtigen.
Empfehlung Inkassodienstleister:
Bei zahlreichen kleineren offenen Rechnungen unter 1.000 Euro, die ohne triftigen Grund von Kunden unbezahlt bleiben, ist die Beauftragung eines Inkassodienstleisters oft der effektivere Weg. Diese sind auf die Abwicklung von Massenverfahren spezialisiert und können effizient mit einer hohen Anzahl solcher Fälle umgehen. Bei geringen Forderungen verlangen Rechtsanwälte hingegen oftmals eine Mindestgebühr, die nicht immer vom Schuldner getragen werden muss.
Empfehlung Rechtsanwalt:
Für höhere ausstehende Beträge oder wenn Widerstand des Kunden zu erwarten ist, beispielsweise durch vorherige Mängelanzeigen oder aus anderen Gründen, empfiehlt sich in der Regel der direkte Gang zum Rechtsanwalt. Ein Anwalt kann das Verfahren umfassend begleiten und ist in der Lage, Ihre Forderung notfalls auch gerichtlich durchzusetzen. Dieser Ansatz bietet eine größere Sicherheit bei der Durchsetzung komplexerer oder höherwertiger Forderungen.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sowohl das In-House-Forderungsmanagement als auch das Outsourcing an einen spezialisierten Rechtsanwalt ihre Vor- und Nachteile haben. Während In-House-Lösungen Kontrolle und Flexibilität bieten, können KMUs durch das Outsourcing von Expertise und Effizienz profitieren. Die Wahl sollte basierend auf den individuellen Bedürfnissen und Ressourcen des jeweiligen Unternehmens getroffen werden.
Für KMUs, die eine Balance zwischen effektiver Forderungseintreibung und der Fokussierung auf ihr Kerngeschäft suchen, kann das Outsourcing eine wertvolle Option sein. Es bietet Zugang zu spezialisierten Kenntnissen und Prozessen, die für eine erfolgreiche und kosteneffiziente Forderungsbearbeitung unerlässlich sind. Indem Unternehmen sich für diesen Weg entscheiden, können sie nicht nur ihre finanzielle Gesundheit stärken, sondern auch wertvolle Zeit und Ressourcen für das Wachstum und die Entwicklung ihres Kerngeschäfts nutzen.
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